Published On Nov 10, 2024
Bei der zehnten Auflage der Vendée Globe haben am Sonntag 40 Imoca-Yachten die Weltumsegelung in Angriff genommen - ein Rekord-Teilnehmerfeld. In rund 80 Tagen wollen der Hamburger Skipper Boris Herrmann mit seiner Malizia - Seaexplorer und seine Konkurrenten solo knapp 45.000 Kilometer rund um den Globus segeln.
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Um Punkt 13.02 Uhr ertönte die Startsirene vor der französischen Atlantik-Küste von Les Sables d'Olonne. Bei ungewohnten Bedingungen. Mit gerade einmal vier Knoten blies der Wind, das Wasser war glatt, das Fortkommen überschaubar. Gut zumindest, um den befürchteten Kollisionen aus dem Weg zu gehen. Und auch einen Fehlstart gab es nicht - der sofort vier Stunden Zeitstrafe gebracht hätte.
So blieb es zum Start der Weltumseglung ruhig. Lediglich Conrad Colman musste wegen Problemen mit seiner MS Amlin beidrehen. Aber: Die Boote kamen in beide Richtungen nur sehr langsam vom Fleck, blieben manchmal sogar stehen.
Die Segler mühten sich, möglichst viel aus den flauen Wind herauszuholen. Doch das war schwierig - ans Foilen war erst recht nicht zu denken. Herrmann erwischte mit eingezogenen Tragflächen dennoch einen guten Start. Der gebürtige Oldenburger hielt sich am Rand des Feldes aus einem möglichen Gedränge heraus und hatte nach einer Viertelstunde sogar kurzfristig die Nase vorn - und das, obwohl die Malizia vermeintlich eher Schwächen bei leichtem Wind hat.
Zuvor hatten die Skipperinnen und Skipper bei der Parade in Les Sables d'Olonne für einen Sturm der Begeisterung gesorgt. Auf dem Weg zu den Booten und entlang des langen Kanals, der vom Hafen in den offenen Atlantik führt, säumten rund 350.000 Menschen die Ufer - eine beeindruckende Kulisse und angemessene Verabschiedung für die modernen Abenteurer.
Auch für Herrmann war die euphorische Menge eine ganz neue Erfahrung: Bei seiner Vendée-Globe-Premiere vor vier Jahren waren Corona-bedingt keine Zuschauer zugelassen gewesen. "Es waren ein paar Journalisten da, aber keine Zuschauer", erinnerte sich der 43-Jährige: "Jetzt ist natürlich toll, dass man noch die Stimmung und die Vibes des Supports und der mentalen Teilnahme der Leute aufnehmen kann, die am Boot warten. Ich bin sehr dankbar, dass sie hier sind und mich unterstützen."
Darunter Birte Lorenzen-Herrmann, die zum Abschied ein paar Tränchen verdrückte. Boris Herrmann nahm seine Frau fest in den Arm und postete ein Bild davon: "Abschied nehmen ist der schlimmste Teil", schrieb er darunter.
Der Weltranglisten-Erste Charlie Dalin, einer der Top-Favoriten bei der Hatz um die Welt, dockte vor den Augen seiner begeisterten Landsleute als Erster aus. Als Letzte machte sich die erst 23-jährige Violette Dorange auf den Weg - die jüngste Teilnehmerin aller Zeiten.
Im monatelangen Wettkampf und Ringen mit den Elementen müssen die sechs Frauen und 34 Männer nun mit Einsamkeit, wenig Schlaf und gefriergetrocknetem Essen klarkommen.
Die Wetterbedingungen werden sich unterdessen laut Prognose in den nächsten zwölf Stunden kaum ändern. Das ist nicht nur nervig für die Skipper, sondern auch anstrengend, denn die Konzentration muss unentwegt hoch bleiben, um Wind zu erwischen und an denen dran zu bleiben, denen dieses Kunststück vielleicht gelingt. "Dann sind die am nächsten Tag fertig", sagt NDR Experte Tim Kröger.
Herrmann rechnet damit, erst in zehn oder elf Tagen den Äquator zu erreichen. Im vergangenen Jahr hatten die ersten Yachten diese imaginäre Linie bereits nach sechs Tagen überquert. Damit sind die Chancen auf eine Bestzeit gefallen. Den Rekord hält seit der vorletzten Vendée Globe 2016/2017 der Franzose Armel Le Cléac'h mit 74 Tagen, 3 Stunden, 35 Minuten und 46 Sekunden.
Im Atlantik dürfte Dalins Macif das Rennen machen, die für leichte und mittlere Bedingungen optimiert ist. Die Stunde von Herrmanns Malizia schlägt im Südpolarmeer, wo es traditionell rau zugeht. Der Hamburger daher zählt ebenso wie Yoann Richomme (Paprec Arkéa) und Thomas Ruyant (Vulnerable) zu den Favoriten.
Dass das Team Malizia ganz vorn mit dabei sein kann, haben Herrmann und Co. in diesem Jahr schon bewiesen. Bei den Transatlantik-Regatten "Transat CIC" sowie der "New York Vendée" sprang jeweils Rang zwei heraus. Doch die Vendée Globe, das weiß der gebürtige Oldenburger nur zu gut, ist eine Klasse für sich - und die "ultimative Herausforderung".
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